Historie FF-Hermsdorf


Ausführliche Chronik der Freiwilligen Feuerwehr Hermsdorf

Die Anfänge (1896-1956):

Berlin verfügte im Jahr 1896 bereits über erste öffentliche Feuermelder und seit 1851 über die erste Berufsfeuerwehr Deutschlands. In der Landgemeinde Hermsdorf, die damals zum Landkreis Niederbarnim gehörte, ging es friedlicher zu. Hermsdorf zählte 1952 Einwohner in ca. 200 Wohngebäuden. Während in Berlin die Meldung von Feuern eine staatliche Aufgabe der Polizei bzw. des Militärs war, waren die Bürger von Hermsdorf gemäß der Feuerlöschordnung verpflichtet, bei einem Brand Geschrei zu machen und die Glocken zu läuten.

Am 1. Oktober 1896 erfolgte die Gründung der Freiwilligen Feuerwehr Hermsdorf im Zuge der Gründung des Provinzialverbandes Brandenburg der Freiwilligen Feuerwehr. Oberführer Gustav Vahrduhn übernahm die Leitung. Hermsdorf wurde dem 1. Unterverband zugeordnet, dem u.a. die Feuerwehren West-Reinickendorf, Tegel und die Feuerwehr der Borsigwerke angehörten. Die Freiwillige Feuerwehr Hermsdorf hatte 17 aktive und 104 passive Mitglieder und nutzte einen Schuppen neben dem Schulgebäude in Alt-Hermsdorf als Spritzenhaus. Die Ausrüstung war spartanisch: eine handbetriebene Wagenspritze ohne Saugwerk der Firma Gustav Ewald aus Küstrin-Neustadt, zwei Wasserwagen, 116 m Schlauch, zwei Einschlag- und drei Anstellleitern. Die Alarmierung erfolgte per Hupe.

In den Jahren 1913-1914 wurde das heutige Feuerwehrgebäude in der Roonstr. 10-16 (heute Heinsestr. 24) nach Entwürfen des Architekten Hugo Dietz erbaut. Das Gebäude diente zunächst als Feuerwehrdepot und beherbergte weitere Einrichtungen der Landgemeinde Hermsdorf wie eine Turnhalle. Bis 1969 nutzten auch das Vermessungsamt und eine Kindertagesstätte Räume im Wachgebäude. 1970 wurde in der Turnhalle eine Zwischendecke eingezogen, um sie als Fahrzeughalle im Erdgeschoss und für Wach- und Ruheräume im Obergeschoss nutzen zu können.

Durch das Groß-Berlin-Gesetz wurde Hermsdorf am 1. Oktober 1920 eingemeindet und Teil des Verwaltungsbezirks Reinickendorf. Die Hermsdorfer Bauern und Fuhrherren standen dem neuen Groß-Berlin anfangs skeptisch gegenüber. Die anfänglichen Schwierigkeiten wurden jedoch überwunden, und die Ausstattung der Berliner Feuerwehren wurde stetig verbessert. Neben den Berufsfeuerwachen erhielten auch die freiwilligen Feuerwehren Dampfspritzen, Gerätewagen, mechanische Leitern und einen Anschluss an das Telefonnetz. Die Freiwillige Feuerwehr Hermsdorf hatte zu diesem Zeitpunkt 25 aktive Mitglieder.

In der Zeit des Nationalsozialismus und des Zweiten Weltkrieges wurde die Berliner Feuerwehr in Feuerlöschpolizei umbenannt und in den nationalsozialistischen Machtapparat integriert. Die Auswirkungen des Krieges forderten auch bei den Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren hohe Opferzahlen. Leider fanden sich bei der Recherche zu dieser Chronik keine Quellen zu der Zeit zwischen 1933 und 1945.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurden im September 1946 die Fahrzeuge der Berliner Feuerwehr wieder rot lackiert. Die politische Spaltung Deutschlands und Berlins führte jedoch bald zur Trennung der Berliner Feuerwehr. In Ost-Berlin wurde die Feuerwehr der Polizei unterstellt, in West-Berlin erfolgte 1952 die Umbenennung des „Hauptamt der Feuerwehr“ zur „Berliner Feuerwehr“.

Auch in Hermsdorf gelang nach 1945 der Wiederaufbau der Freiwilligen Feuerwehr mit neuer Ausrüstung. Im 100-jährigen Jubiläumsjahr der Berliner Feuerwehr 1951 zählte man wieder 20 aktive Kameraden. Unter dem damaligen Leiter der West-Berliner Feuerwehr Oberbranddirektor Ludwig Wissell wurden weitreichende Änderungen für das Feuerlöschwesen beschlossen, die durch die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt begründet wurden. In einer modernen Industriegroßstadt „sei kein Platz für Freiwillige Feuerwehren“ war damals der von vielen Mitgliedern der freiwilligen Feuerwehren wahrgenommene Tenor der Entscheidung zur Auflösung fast aller freiwilligen Feuerwehren in Berlin. Die Aufgaben des Brandschutzes, der technischen Hilfeleistung und des Rettungsdienstes sollten überwiegend von Kräften der Berufsfeuerwehr wahrgenommen werden. Zudem hatten viele Kameraden der Freiwilligen Feuerwachen ihre Arbeitsstätten und Wohnorte nicht mehr in der Nähe ihrer Feuerwache, was die Einsatzbereitschaft beeinträchtigte.

Am 21. Juli 1956 wurde die Freiwillige Feuerwehr Hermsdorf nach 60 Jahren aufgelöst, als der bisher auf der Feuerwache Wittenau stationierte Zug der Berufsfeuerwehr als neuer „Zug 52“ auf der Feuerwache Hermsdorf in Dienst gestellt wurde. Oberbranddirektor Wisell schrieb in einem Dankschreiben an die Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Hermsdorf: „Die wirtschaftliche Entwicklung Berlins erforderte auch Änderungen für das Feuerlöschwesen, die dazu führten, dass die freiwillige Feuerwehr Hermsdorf zum 21. Juli 1956 aufgelöst wird.“

Neugründung und neue Aufgaben (ab 1975):

Durch die Teilung Berlins und den Bau der Berliner Mauer im Jahr 1961 ergaben sich völlig andere politische und einsatztaktische Rahmenbedingungen für die Berliner Feuerwehr im Westteil der Stadt. Die Berliner Feuerwehr war quasi auf sich allein gestellt und hätte Großschadenslagen ohne Unterstützung bewältigen müssen.

Die verbliebenen Kameraden der Freiwilligen Feuerwehr Reinickendorf-West erklärten sich bereit, als „Reserve-Feuerwehr“ zur Verfügung zu stehen. Sie erhielten die Erlaubnis, auf der Feuerwache Schillerpark Übungen und Besprechungen durchzuführen. Aus dem Kreis dieser „Reserve-Feuerwehr“ kam die Idee, eine neue Art Freiwilliger Feuerwehr in Berlin zu etablieren: eine Freiwillige Feuerwehr auf einer Berufsfeuerwache. Am 7. Februar 1972 wurde die Freiwillige Feuerwehr Wittenau offiziell in Dienst gestellt.

Das Modell bewährte sich, und weitere Freiwillige Feuerwehren sollten auf Berufsfeuerwachen gegründet werden. Im Jahr 1974 konnten im Rahmen einer „Brandschutzwoche“ fast 200 junge Menschen aus Berlin für die Feuerwehr begeistert werden. 150 von ihnen wurden in die neu zu gründenden Feuerwehren aufgenommen.

Für die neue Freiwillige Feuerwehr Hermsdorf fanden sich 22 ehrenamtliche Helfer. Sie bildeten ab dem 10. April 1975 offiziell die Freiwillige Feuerwehr „Florian F152“ und wählten den Schornsteinfegermeister Jochen Loevenich zunächst zu ihrem Wehrsprecher. Nach erfolgreichem Abschluss der Grundausbildung legte die Wehr am 31. Juli 1976 eine große Übung vor einer Fachkommission der Berliner Feuerwehr ab. Mit Bestehen dieser Prüfung wurde die Freiwillige Feuerwehr Hermsdorf offiziell „freigesprochen“ und konnte von diesem Tag an selbstständig mit eigenen Fahrzeugen als „FF 139“ ausrücken. Der erste Einsatz der jungen Wehr führte am 20. September 1976 zu einem Großbrand in der Fabrik der Firma Bahlsen in Tempelhof. Hierbei erfolgte erstmalig die Alarmierung über Selektivrufempfänger.

Am 26. September wurde Jochen Loevenich zum Wehrführer gewählt. Er führte dieses Amt fast 25 Jahre lang und engagierte sich anschließend in der Ehrenabteilung bis zu seinem Tod im Jahr 2023.

In den folgenden Jahren versah man neben den Übungsdiensten auf der Feuerwache Hermsdorf regelmäßig Einsatzdienst auf der stark frequentierten Wache Wedding (und später Schillerpark), um Fertigkeiten zu festigen und Einsatzpraxis zu erlangen. Ab 1980 konnte die FF Hermsdorf Diensträume im vorderen Wachgebäude nutzen.

Neben diesen regelmäßigen Einsatzdiensten wurde die FF Hermsdorf auch immer öfter zu Großeinsätzen im gesamten Berliner Stadtgebiet alarmiert. Im Jahr 1984 erbrachten die 18 Mitglieder der FF Hermsdorf insgesamt 3419 Einsatzstunden in 222 Einsätzen. Die FF Hermsdorf und die anderen Freiwilligen Feuerwehren auf Berufsfeuerwachen waren nun vollständig in die Berliner Feuerwehr integriert und wurden zum anerkannten und festen Bestandteil des Brand- und Katastrophenschutzes in West-Berlin.

Trotz der Insellage Berlins suchte die FF Hermsdorf schnell den Kontakt zu anderen Freiwilligen Feuerwehren in Deutschland. Durch private Kontakte gelang es bereits im Mai 1977, eine Partnerschaft mit der Freiwilligen Feuerwehr Braunschweig Melverode aufzubauen und zu verstetigen, die bis heute gepflegt wird. Der Austausch hat sich mittlerweile auch über die Jugendfeuerwehren ausgebaut.

Neben den regelmäßigen Alarmierungen bei Großeinsätzen und dem regelmäßigen Einsatzdienst auf Berufsfeuerwachen wurde die FF Hermsdorf auch im Theatersicherheitswachdienst eingesetzt. Hierzu erhielt die FF Hermsdorf eine Einweisung beim Theater der Freien Volksbühne in Wilmersdorf.

Mit dem Fall der Berliner Mauer im Jahre 1989 hatte Berlin seine Insellage verloren. Die FF Hermsdorf war dann auch bei der Öffnung der Berliner Mauer am 3. März 1990 an der B96 am „Entenschnabel“ anwesend und konnte so erstmals Kontakt zur Freiwilligen Feuerwehr der Gemeinde Glienicke Nordbahn aufnehmen.

Auch in der Nachwendezeit waren die Freiwilligen Feuerwehren Berlins weiter gefordert. Die Stadt Berlin hatte wieder eine gemeinsame Feuerwehr, die auch überregional im Katastrophenschutz unterstützte. Bereits im Jahr 1992 unterstützte die FF Hermsdorf die Feuerwehren im benachbarten Kreis Oranienburg (heute Oberhavel) bei dem verheerenden Waldbrand von Summt. Einer der umfangreichsten Einsätze war im Jahr 1997 die Unterstützung des Landes Brandenburg bei der Bekämpfung von Hochwasserfolgen und der Beseitigung von Hochwasserschäden bei der Oderflut. Die Berliner Feuerwehr war insgesamt rund drei Wochen im Gebiet zwischen Frankfurt/Oder und Eisenhüttenstadt eingesetzt. Auch die FF Hermsdorf unterstützte bei diesem Einsatz mehrere Tage vor Ort.

Im Jahr 2000 konnte das 25-jährige Jubiläum mit 18 aktiven Mitgliedern gefeiert werden, weiterhin mit Jochen Lövenich an der Spitze, der dann im gleichen Jahr allerdings aus Altersgründen in die Ehrenabteilung wechselte. Beim Jubiläum waren weiterhin noch drei der ehemaligen Gründungsmitglieder im aktiven Dienst. Die Funktion des Wehrführers übernahm dann Michael Bleich, der diese Funktion bis 2008 wahrgenommen hat.

In den jungen 2000er Jahren prägten vor allem Umweltereignisse das Einsatzgeschehen der Berliner Feuerwehr. Im Jahr 2002 erschütterte am 10. Juli das Sturmtief Anita Berlin und sorgte für große Zerstörungen in der Hauptstadt. Die FF Hermsdorf war hier fast eine Woche im Einsatz, um Sturmschäden zu beseitigen. Im August folgte dann eine Flutkatastrophe, die Deutschland, Tschechien und Österreich mehr als 45 Tote forderte. Auch war die FF Hermsdorf im Bereich der Elbe bei Magdeburg über eine Woche im Einsatz und unterstützte bei der Deichsicherung und der Beseitigung der Hochwasserfolgen.

Auflösung der FF Lübars und Integration der Jugendfeuerwehr (ab 2010):

Am 11. April 2010 wurde die Freiwillige Feuerwehr im Nachbarortsteil Lübars offiziell aufgelöst, da es nicht mehr genügend aktive Mitglieder gab, die in der Nähe der Feuerwache wohnten und arbeiteten und die Alarmierungsfristen einhalten konnten. Die verbleibenden Mitglieder wurden in die Einsatzabteilung der FF Hermsdorf eingegliedert, und der damalige Wehrleiter der FF Lübars, Edmund Hübner, wurde zum zweiten stellvertretenden Wehrleiter der FF Hermsdorf ernannt.

Durch diesen Umstand hatte die FF Hermsdorf von diesem Tag an eine eigene Jugendfeuerwehr. Die komplette, erst im Jahr 2005 gegründete Jugendfeuerwehr trat offiziell zur FF Hermsdorf über. Da die Jugendfeuerwehr aufgrund begrenzter räumlicher Kapazitäten im Wachgebäude in der Heinsestr., aber auch aufgrund regionaler Verbundenheit ihren Dienst weiterhin im alten Wachgebäude versieht, hält sich im Sprachgebrauch die Bezeichnung „Jugendfeuerwehr Berlin Hermsdorf Lübars“ oder kurz „JF Hermsdorf-Lübars“. Da das alte Wachgebäude bislang ausschließlich für die Jugendfeuerwehr genutzt wird.